über allem steht „Die Eine Welt“

 

Jubiläum “40 Jahre“ – im Rückblick

Jubiläen können unterschiedlichst begangen werden. Die Veranstaltungsreihe mag von jedem Besucher anders erlebt worden sein., jeder wertet sie persönlich. Und so soll an dieser Stelle nur von den Festinhalten und -aussagen berichtet werden, die für die Zukunft bedenkenswert erscheinen.

Das Fest sollte im Sinn von Vorstand und Beirat zwar den geselligen Anlass aufgreifen, ansonsten aber thematische und sinnliche Schwerpunkte setzen.

Es begann am 15. März mit dem Theaterabend der “Berliner Compagnie“ im Kulturcentrum PUC. “Stille Macht“ – so der Titel des Abends – greift das politische Anliegen um die aktuellen Freihandelszonen auf und bündelt so mehrere engagierte Mitveranstalter aus dem Landkreis, etwa das Sozialforum Amper und KAB, die Kath. Arbeitnehmerbewegung. Es ist wohltuend zu spüren, mit welchem Elan und welcher Kreativität dieses Bürgeranliegen im Gemeinschaftssinn angegangen wird. Über 380 Gäste füllen das PUC und stellen sich überwiegend mit ihrer Unterschrift gegen TTIP. Manche interessieren sich schon für weitere Themenabende der “Berliner Compagnie“

Zwei Tage später folgt die obligate Mitgliederjahresversammlung im Pfarrzentrum St. Josef, im Gründungsraum des Vereins. Problemlos wird die geschäftliche Ausrichtung auf das Jahr 2015 besorgt, der Vorstand bestätigt. Anschließend berichtet Alois Mahl mit Bildern von der Landpastoral und der Ansiedlung der Landlosen in Brasilien. Ein langwieriges und zähes Anliegen.

Festabend ist am Samstag, den 25. April. Er beginnt mit einem gut besuchten Wortgottesdienst in St. Josef, eindrucksvoll und einfühlsam von Herrn Diakon Ulrich von Wurmb-Seibel gestaltet. Den Rahmen bereichert die Chor- und Orchestergemeinschaft St. Josef mit der lateinamerikanischen “Misa Criolla“. Die Predigt besinnt sich des Gründungstages von Campo Limpo, dem 14. Februar , dem Tag des heiligen Valentin, des Patrons der Liebenden. Um Liebe geht es bei Campo Limpo, um Liebe zwischen den Völkern, sich in der Solidarität ausdrückend. Sie fußt auf den drei Schritten: Hinschauen – Erkennen – Handeln, alles gefüllt mit Leben. Mehrmals konnte bei den Besuchen in Brasilien seit 1978 erkannt werden, wie die Menschen Opfer einer weltweiten Gier nach ungebremstem Wachstum und optimalem Gewinn werden. Papst Johannes Paul II. sprach in seiner Sozialenzyklika von den “Strukturen der Sünde“, die Misereor Fastenaktion von „Wir müssen anders leben, damit wir überleben können“. Die Theologie der Befreiung wurde deutlich, dass das Evangelium eminent politisch ist, weil es Partei für die Armen ergreifen muss. Dafür steht auch der Nord-Süd-Durchblick am S-Bahnhof. Mit dem Denk-mal steht unsere Verantwortung für die Schärfung unseres Durchblickes und das Erkennen der alles bedrohenden Unrechtsstrukturen der globalisierten Welt. Hilfsaktionen sind keine Einbahnstraßen in den Süden. Daran erinnert auch die Statue der “Pacha Mama“, die als Geschenk aus Brasilien 1996 ihren Weg in die Kirche St. Josef fand. Es geht um den Hirtendienst, in dem wir die Würde der Schöpfung und ihrer Geschöpfe achten und sie verteidigen.

Bei der Schuldzuweisung – ausnahmsweise gehalten nach dem Tagesevangelium vom Guten Hirten – stellt sich die Frage, wie wenig wir – und die Europäer – für die Anderen wirklich gute Hirten waren: Menschheitsgeschichte in Lateinamerika seit 40.000 Jahren, hohe Kulturleistungen, 2.000 Sprachen, Entdeckung der europäisch christlichen Mentalität des Columbus nach dem 12. Oktober 1492 mit der Folge der Ausrottung von 90 Prozent der Indigenen. Die Auswirkungen dauern bis heute an. Mit jeder billigen Tasse Kaffee oder Tee, mit jeder Alu-Dose oder Billig-T-Shirt haben wir Anteil an der anhaltenden Ungerechtigkeit und Abhängigkeit dieser Menschen. Ein Augenblick in Schweigen tut Not, als solidarisches Zeichen dafür, dass wir um Vergebung bitten wegen unseres Versagens.

Zum „weltlichen“ Teil des Festabends ist ins Kulturzentrum PUC eingeladen. Gefällig ist es mit kleinen Tischgruppen ausgestattet, erwartungsvoll sind die angesagten über 100 Gäste, dazu die über 30 Musiker der Big Band des Gymnasiums. Für diesen Abend wurden noch gezielt drei Latino-Stücke gelernt und so das Repertoire aus dem US-Jazz ergänzt. So viel Frische und Jugendlichkeit werden gern wahrgenommen und honoriert. Lehrer Friedl hat alles im Griff. Nach der Begrüßung durch die beiden Vorsitzenden Kühnle und Lindhuber folgt der Festvortrag von Dr. Jürgen Bergmann, Referatsleiter für Entwicklung und Politik bei Mission EineWelt der ELK in Nürnberg, daneben im Vorstand des Eine Welt Netzwerkes Bayern. Von einer dicken Laudatio wird bewusst abgesehen, obwohl die Spuren von Campo Limpo seit Jahren in Brasilien oder bei Kampagnen deutscher Nichtregierungsorganisationen und deren Arbeitskreisen zu finden sind. Sein Thema:

“Solidarisch leben lernen“ steht im Vordergrund. Angesprochen sind alle, die sich nicht damit abfinden wollen, dass Ungerechtigkeit für die Vielen dieser Welt herrscht und unser schöner Planet Erde nicht „enkeltauglich“ bewirtschaftet wird. Solidarität vor allem verstanden als Grundprinzip des menschlichen Zusammenlebens von Individuen und Gruppen im Gefühl des Zusammengehörens. Dies äußert sich in gegenseitiger Hilfe und dem Eintreten füreinander. Dabei und dafür kann man sich abarbeiten, daran gar verzweifeln. Und man kann daran wachsen, neue Stärken und Einsichten entwickeln. Man wird dann auch politisch, fordert gerechtere Strukturen in Wirtschaft, Handel und Umwelt, natürlich auch in der Entwicklungspolitik. Falsch wäre es, die Politiker vorschnell aus dem Obligo zu entlassen, wenn diese meinen, alles regele der Markt und die Konsumenten müssten die eigentlichen Weichen im Wirtschaftsleben stellen. Nein, der Druck auf die Politik ist zu erhöhen – und sie hört auf NGOs und die Kirchen. So die Erfahrungen. Richtig ist aber auch: Das Private ist politisch, auch unser Lebensstil. Wir können eine Wende einleiten, trotz aller Widerstände. Nico Paech, einer der bekanntesten Denker eine Post-Wachstumsökonomie sieht hierin eine globale Überlebensstrategie, wenn die Zivilgesellschaft mit Blick auf Nachhaltigkeit eine Vielzahl regionaler Modelle ausprobiert. Keineswegs handelt es sich hier um eine Ausflucht ins Private!

Im Kern der Nachhaltigkeitsdiskussion treffen wir auf drei Begriffe: Effizienz – wenn es um die ergiebiger Nutzung von Materie und Energie geht, auf Konsistenz – wenn natürliche Stoffwechselkreisläufe und die Vereinbarkeit von Natur und Technik diskutiert werden, und die Suffizienz. Letztere ist vielleicht der unbequemste und spannendste Begriff, es geht um Verringerung des Konsums und meint eine Veränderung von Werten und Bedürfnissen in der Gesellschaft. Suffizienz heißt wörtlich „Genügsamkeit“ und kann und soll uns auch zu einem „Mehr“ führen, zum Beispiel an Gemeinschaft und Wohlbefinden, vielleicht sogar zu einem Mehr an Leben. Einschlägig gibt es schon viele Maßnahmen, etwa um den Begriff „shareconomy“ mit der Gebrauchsteilung oder Mehrfachnutzung eines Produktes. Hilfreich ist auch das Zulassen von Gefühlen und Emotionen, die Wiederbesinnung auf deren Tiefe. Hier kann man auch dem neuen Begriff der „Alltagserotik“ begegnen. Dann der Bereich der eigenen Spiritualität zur Lebens- und Alltagsorientierung, um gegen den „mainstream“ schwimmen zu können.

Zusammengefasst: Es ist unsere Generation, der es in die Hand gegeben ist, unseren blauen Planeten lebens- und liebenswert zu erhalten. Was für eine globale Herausforderung! Und was für eine Chance, wieder zu einem Leben in Fülle zu finden, wie Gott es uns durch Jesus Christus zugesprochen hat. Vielleicht bringt uns die globale Herausforderung zu einer weltweiten Geschwisterlichkeit und zu neuen bereichernden, wahrhaft christlichen Lebensformen. So etwa Dr. J. Bergmann in seinem ermutigenden Redebeitrag.

Dann werden Grußworte geboten: Das erste steht unserem Ersten Bürgermeister – und Mitglied – Norbert Seidl zu. Auch er möchte von einer gefälligen Laudatio absehen, denn biblisch gesprochen: „Das Herz ist ihm schwer“. Er will sich bei zwei Themen „etwas von der Seele reden“. Betroffen sind Themenbereiche des Nord-Süd-Dialogs und dann der Weltgemeinschaft. Den ersten Bereich sieht er mit den Augen eines Stadt-Bürgermeisters, der bereits heute über 100 Nationen einbezieht und in Kürze wohl zwischen ein- und zweihundert neue Asylbewerber aufnehmen muss. Die Situation der Flüchtlinge weltweit und in unseren Nachbarländern ist dramatisch, macht fassungslos ob der Ursächlichkeiten ihrer Ströme. Doch ihnen begegnen nicht nur hierzulande viel Unverständnis für die einzig richtige, biologisch-instinktive Reaktion der Betroffenen. Wenn die Existenzgrundlagen für ein Leben derart vernichtet sind, muss sich der ganze Lebenswille auf die Flucht aus dieser Hölle richten. Über die Medien erreicht uns eh nur der Teil des Überlebenskampfes im Mittelmeer. Spätestens jetzt haben diese fremden Menschen mit uns zu tun. Sie gehen uns – auch im wörtlichen Sinn – an. Doch die Reaktionen auf derartige Anfahrten sind unterm Strich kleinlich, egoistisch und menschenverachtend. Abwehrgebärden werden mit Drohungen und Zynismus aufgebaut. Nicht nur in Bayern bedienen sie sich kraftmeierischer Rhetorik. So wird auch ein Boden bereitet für die nächste Eskalationsstufe der Fremdenfeindlichkeit, den Rassismus. Derlei Strategien weisen auf ein fundamentales Leugnen der Verantwortung für die Ursachen der Fluchtbewegungen, für die Lebensgefahr auf den Wegen und den Schutz der Flüchtlinge in der Fremde hin. Sicher, die Verantwortung des Einzelnen ist differenziert zu betrachten.

Nun zum zweiten Thema: Weltgemeinschaft. Vom Bürgermeister hören es wohl die Meisten erstmals, wie er die Verantwortung für die Welt in seinem Wertekonzept seit der Jugendzeit fest verankert hat. Entwicklungspolitik schlechthin hat er verfolgt, die Apartheid in Südafrika, die Organe der UN, den Club-of-Rome mit dem Engagement Willy Brandts, den Sextourismus in Kenia mittels seiner Diplomarbeit und mit Mitgliedschaften auch bei Amnesty international. Die Liste humaner Fehlentwicklungen umschließt neben anderem etwa 450 Mio vorzeitige Todesfälle seit dem Ende des kalten Krieges, also seit gut 25 Jahren ein. Ist hier alles falsch gemacht worden? Nein, auch diese Antworten sind ein Reflex, oft genug von Engagierten und Besserwissenden, deren Kritik und Forderungen sich einseitig auf Negativreports berufen. Vierzig Jahre zeigen und beweisen nämlich, dass die Probleme der Weltentwicklung grundsätzlich abarbeitbar sind. Mit den Milleniumszielen wurde die Welt humaner, wird es weiterhin. Es gibt mehr satte, mehr gesunde und mehr gebildete Menschen denn je. Und es wird an neuen „Sustainable Development Goals“ gearbeitet zugunsten aller Menschen. Das Mühen schließt das “Solidarisch leben lernen“ ein. Es gibt kein moralisches Recht, wonach 20 % Reiche den anderen 80% in Armut Entwicklung und Lebensgrundlagen vorenthalten, nehmen und zerstören können. Das geltende Weltmacht-System muss somit immer heftiger in eine Rechtfertigungsdefensive geraten. Der Bürgermeister sieht sich eins mit den Zielen von Campo Limpo, dankt für die Arbeit und bittet um deren Fortsetzung. Die persönliche und städtische Unterstützung ist zugesagt.

Es schließen sich weitere Grußworte an: Frau Heerde-Hinojosa spricht für Misereor und als dessen Büroleiterin in München. Sie weiß anerkennend von den vielen und lebendigen Kontakten mit Campo Limpo in Arbeitskreisen und bei Kampagnen zu berichten. Umgekehrt schätzen auch wir den Gedankenaustausch und die vielen Anregungen des uns spirituell nahestehenden Partners. Pfarrer Dr. Ambrosy und Diakon von Wurmb-Seibel richten für die beiden großen christlichen Gemeinden Puchheims ihre Anerkennung, ihren Dank und gute Wünsche aus. Bei beiden Gemeinden fühlen wir uns mit Infrastruktur- und ideellen Fragen stets gut und wohlwollend aufgehoben.

Zum Übergang nochmals Musik, dann ist Gelegenheit zum kleinen Büffet mit bodenständigen Canapés und einem Umtrunk. So flott wie die Jugendlichen geblasen haben, machen sie sich über die Speisen her. Den Veranstaltern ist es fast peinlich, dass die Platten so schnell geleert waren. Gott sei Dank wissen unsere Gäste wohl, dass Campo Limpo sehr behutsam mit den Spendengeldern umgehen muss. Alle machen sich wohl zufrieden mit dem Abend nach und nach auf den Heimweg.

Den Abschluss bildet ein Filmabend am 25. April in den Gröbenlichtspielen mit „Waste Land“ samt Diskussion. Der Besuch leidet unter dem sonnigen und warmen Wetter, zudem unter der Fußballbegeisterung. Er wird nicht bereut, zeigt der Film doch neben der menschlichen Armseligkeit auf den Müllhalden doch auch die Würde und Größe bei den tausenden Müllsuchern. Viel Not aber auch Hoffnung für die heutige Gesellschaft drückt sich hier aus.

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Begrüßung und Einführung bei der Wort-Gottes-Feier
zum 40jährigen Jubiläum von Campo Limpo e.V. 

25.4.2015

Ich begrüße Sie herzlich im Namen des Vereins Campo Limpo, der heute sein 40jähriges Bestehen begeht. Die Anfänge reichen zurück ins Jahr 1970, als der Franziskanerpater Xisto Teuber an diesem Ambo um Hilfe für seine brasilianische Jugend bat. Der Verein wurde dann in Anwesenheit von Pater Teuber und Pfarrer Wahner im Februar 1975 gegründet.

In diesen Gottesdienst bringen wir unseren Dank für all das, was gelungen ist, für die tatkräftige Unterstützung vor allem der Puchheimer, für die zahlreichen partnerschaftlichen Kontakte mit Basisgruppen in Brasilien, für die intensive Kommunikation, die gegenseitigen bereichernden Besuche. Fünf Bischöfe waren hier, zahlreiche Ordensleute und engagierte Partner. Hervorheben möchte ich Schwester Werburga, den Taizé-Bruder Frère Michel und den Aufenthalt von José Maria und João aus Pedro II. Sie schenkten uns die Statue „Mutter Erde“, die heute auf dem Altar stehen darf. Erfolgreich war die Vernetzung mit Nichtregierungsorganisationen. Gelungen ist manches Wirken in die Zivilgesellschaft hinein, wie z.B. der Basar oder der jährliche Schweigekreis am Nord-Süd-Durchblick.

Wir bringen aber auch unsere Sorgen vor den Altar, denn in all den Jahren sind die Konflikte auf unserer Einen Erde nicht geringer geworden. Die ungezügelte Globalisierung hat den Egoismus und den Konsumismus bestärkt, hat ein Wirtschaften ermöglicht, das tötet, wie es Papst Franziskus zu Recht anprangert. In welcher Weise kann sich da unser Verein, kann sich jede/jeder Einzelne einbringen? Können wir nur ohnmächtig zuschauen? Wo finden wir Hoffnung, Mut und Entschlossenheit zum Handeln – und wenn es auch nur beständige kleine Schritte sind?

Schließlich bitten wir um Barmherzigkeit für all das, was nicht gelungen ist, wo es an Solidarität und Dialogbereitschaft gefehlt hat, wo wir nicht den richtigen Ton getroffen haben, wo wir Chancen nicht nutzten, nicht mehr begeistern konnten, mutlos waren, müde geworden sind.

Wir wollen in Zukunft weiter unseren franziskanischen und ökumenischen Wurzeln vertrauen und dazu unseren Herrn anrufen, uns innerlich mitreißen und herausfordern lassen, wenn wir jetzt das Kyrie aus der Misa Criolla hören.

Einführungsworte zum Gottesdienst durch Herren Dr. Walter Ulbrich

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Fürbitten bei der Wort-Gottes-Feier
zum 40jährigen Jubiläum von Campo Limpo e.V.

25.4.2015

Diakon: Wir bitten nun um Gottes Beistand für unser weiteres Engagement vor Ort,
in Brasilien und weltweit. Als Antwort übernehmen wir einen Brauch aus
lateinamerikanischen Basisgemeinden. Sie bestätigen jede Bitte mit dem Ruf:
Presente, was bedeutet: Ja ich bin präsent, ich trage diese Bitte mit.

1) In den gelungenen Partnerschaften mit Basisorganisationen in Brasilien
erkennen wir das weltweite Wirken des Heiligen Geistes.
Stärke unseren Glauben an seine Gegenwart: Presente

2) Begleite alle Bemühungen, damit sich die Menschen aus über 100 Nationen in
Puchheim willkommen und sicher fühlen können. Wir machen mit: Presente

3) Lass uns angesichts der weltweit zunehmenden Konflikte nicht verzagen,
weiterhin für den Frieden, die Bewahrung der Schöpfung und für einen gerechten
Ausgleich zwischen Arm und Reich mitzuwirken.
Wir wollen einander dazu ermutigen: Presente

4) Eine Bitte, vorgetragen in portugiesisch für eine gute Entwicklung im
Partnerland Brasilien (ggf. in deutsch) Presente

5) Stärke alle Anstrengungen zur Abkehr von unserem wachstums- und
konsumorientierten Lebensstil, der die Zukunftsfähigkeit unserer Erde bedroht.
Wir sind bereit dazu: Presente.

6) Dankbar gedenken wir heute aller verstorbenen Mitglieder, Freunde und Partner
unseres Verein. Vergelte Ihren Einsatz im ewigen Frieden.
Sie sind uns gegenwärtig: Presente

Diakon: Schluss ….

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PREDIGT von v Wurmb-Seibel Wortgottesdienst Festabend

Die Hilfsaktion Campo Limpo, die am 14. Februar vor 40 Jahren gegründet wurde, steht schon automatisch, wegen des damaligen Tagesheiligen unter einem guten Stern. Der Heilige Valentin ist ja der Patron der Liebenden und darum geht es bei Campo Limpo, um die Hingabe an den Anderen. Im heutigen Evangelium vom guten Hirten heißt es ja ausdrücklich: „Ich gebe mein Leben hin für die Schafe.“ Papst Franziskus weist unermüdlich darauf hin, dass ein echter Hirte nur der ist, der den Geruch der Schafe angenommen hat, weil er mit ihnen zusammen das Leben teilt. Wenn wir auf die 40 jährige Geschichte von Campo Limpo zurückblicken, dann stand am Anfang die Caritas, jene Liebe die den notleidenden Menschen in der Pfarrei Campo Limpo tatkräftig mit Spenden zur Seite stand. Ein großherziges Almosen geben wäre sicher zu wenig gewesen, denn dann stünde der Geber ja über dem Empfänger. Nein es geht um mehr. Das heutige Evangelium weist uns den Weg: „Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich“. Im Kennenlernen, also wenn ich den Anderen wahrnehme und ansehe gebe ich ihm Ansehen. Und wenn ich das ernst nehme, dann interessieren mich alle seine Lebensumstände in denen er lebt und leidet. Aus dem Almosengeben entwickelte sich eine ganz persönliche Beziehung zu den Menschen in Brasilien. Und so wurde der Dreischritt: Hinschauen – Erkennen und Handeln mit Leben gefüllt. Beim ersten Besuch in Brasilien 1978 konnte man vor Ort die Lebensumstände der Menschen erleben und erkennen, dass diese Menschen Opfer einer weltweiten Gier nach ungebremsten Wirtschaftswachstum und optimalen Gewinnstreben waren. In der päpstlichen Sozialenzyklika Johannes Pauls II wurde dieser Umstand als „Strukturen der Sünde“ gebrandmarkt. Mit der Misereor-Fastenaktion „Wir müssen anders leben, damit andere überleben können“ begann eine ganz besondere Sensibilisierung für die Lebensverhältnisse der Menschen in Lateinamerika. Aktionen wie der Einsatz für einen Fairen Handel oder die Entschuldungskampagne waren ganz konkrete Schritte zur Bewusstseinsbildung bei uns und dienten der finanziellen Unterstützung der Menschen in Lateinamerika. Mit der neu begründeten Theologie der Befreiung wurde deutlich, dass das Evangelium eminent politisch ist, weil das Evangelium immer Partei für die Armen ergreift und darum ganz konkret für die Rechte der Armen eintritt. Gott sei Dank haben wir zurzeit einen Papst, der unermüdlich darauf hin weist, dass die Kirche an der Seite der Armen stehen muss. Mit dem Nord-Süd-Durchblick am S-Bahnhof setzte Campo Limpo ein unübersehbares Zeichen dafür, dass wir über den Tellerrand unseres Ortes, unserer bürgerlichen Gesellschaft hinausblicken und hinschauen, was in anderen Teilen der Welt geschieht, und dass wir immer mehr den Durchblick erhalten, dass wir alle auf dieser Welt im gleichen Boot sitzen, und dass es keine 1., 2., und 3. Welt gibt, sondern nur „eine Welt“. Und jetzt blicken wir in die Zukunft. Wenn wir dieses Mahn- und Denkmal unterhalten, dann haben wir die Verantwortung dafür, dass wir unseren Durchblick immer mehr dafür schärfen, wie die Unrechtsstrukturen in der globalisierten Welt zusammen hängen und dass wir selbst da auch mit drin hängen. Das heißt wir müssen noch mehr politisch auftreten und immer wachsamer werden, um das Treiben des Wolfes, den weltweiten Raubtierkapitalismus aufdecken zu können, damit die Schafe nicht gefährdet werden. Weglaufen und wegschauen ist des Evangeliums nicht würdig, wir würden es verraten auf der ganzen Linie. Wir haben uns ja doch alle in unseren jeweiligen Situationen recht gut eingerichtet, führen ein gutes Leben und übersehen dabei, dass unsere Erde und ihr natürliches Gleichgewicht am seidenen Faden hängen. Hören wir dazu eine kleine Geschichte. Eines schönen Morgens glitt vom hohen Baum am festen Faden die Spinne herab. Unten im Gebüsch baute sie ihr Netz, das sie im Laufe des Tages immer großartiger entwickelte um damit reiche Beute zu fangen. Als es Abend geworden war, lief sie ihr Netz noch einmal ab, um es auszubessern. Da entdeckte sie auch wieder den Faden nach oben, an dem sie herunter gestiegen war. Sie hatte ihn in ihrer betriebsamen Geschäftigkeit ganz vergessen. Da sie nicht mehr wusste, wozu er diente, hielt sie ihn für überflüssig und biss ihn kurzerhand ab. Sofort fiel das Netz mit ihr in die Tiefe, wickelte sich um sie wie ein nasser Lappen und erstickte sie. Liebe Feiergemeinde, wir stellen dankbar fest, dass die Hilfsaktion Campo Limpo keine Einbahnstraße ist, dass die Mitglieder des Vereins nicht nur Gebende sondern gleichzeitig auch Empfangende sind. Das schöne Zeichen dafür ist die „Pacha Mama“ die 1996 ihren Weg nach St. Josef fand. Wir haben sie heute in unsere Mitte genommen, weil sie uns das Bewusstsein, das Denken und Handeln unserer Lateinamerikanischen Geschwister vermittelt und uns den Weg weisen möchte, wie wir auf unserem verletzten Planeten menschlich miteinander überleben können. Es geht um nichts anderes als um den Hirtendienst, in dem wir die Würde der Schöpfung und all ihrer Geschöpfe achten und sie verteidigen.

Der Wortgottesdienst wird gestaltet von Herrn Diakon Ulrich von Wurmb-Seibel

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Schuldbesinnung:

Wenn die lateinamerikanischen Schwestern und Brüder Gottesdienst feiern, dann kommen sie als frohe und stolze Kinder Gottes zusammen. Wenn sie dann das Evangelium gehört haben, stellen sie fest, dass ihr Leben nicht immer den Anforderungen des Evangeliums gerecht geworden ist. Darum kommt in der Lateinamerikanischen Lima-Liturgie die Bußbesinnung nach dem Evangelium und so wollen wir es heute auch miteinander halten. Wenn wir unser tägliches Verhalten reflektieren, dann merken wir, angesichts des eben gehörten Evangeliums, wie wenig wir für die Anderen wirklich gute Hirten waren. Gerade auch wegen des heutigen Jubiläums von Campo Limpo dürfen wir den Rückblick auch ganz weit fassen, z.B. auf die 40 000 Jahre Geschichte der eingeborenen Völker auf dem amerikanischen Kontinent, mit ihren über 2000 verschiedenen Sprachen, mit ihren hochstehenden wissenschaftlichen, technischen und handwerklichen Leistungen. Als die Bewohner des amerikanischen Kontinents in der Folge des 12. Oktobers 1492 die Entdeckung der europäischen, christlichen Mentalität durch Columbus und seinem Gefolge machten, begann ihr unsäglicher Leidensweg. Innerhalb von 50 Jahren wurden 90% aller Bewohner ausgelöscht. Es war dies die größte demographische Katastrophe der Weltgeschichte. Die Auswirkungen dieser Katastrophe dauern bis heute an. Mit jeder billigen Tasse Kaffee oder Tee, mit jeder Alu-Dose oder jedem Billig-T-Shirt haben wir Anteil an der anhaltenden Ungerechtigkeit und Abhängigkeit dieser Menschen.
Halten wir einen Augenblick in Schweigen inne, als solidarisches Zeichen dafür, dass wir um Vergebung bitten, Gott und die Menschen, die immer noch wegen unserer Gedankenlosigkeit und unseres Versagens in Unfreiheit und Not leben müssen.

Wir beten gemeinsam im Gotteslob Nr. 19/5

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Musikalische Gestaltung durch die Big Band des Gymnasiums Puchheim

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Campo Limpo, 40 Jahre Jubiläum
25. April 2015, 19.30Uhr PUC
Grußwort Erster Bürgermeister

Grußworte des 1. Bürgermeisters der Stadt Puchheim, Norbert Seidl

Es gilt das gesprochene Wort.

Meine Damen und Herren,
Grußworte der Politik zu Jubiläen sind dem Grunde nach eine schöne Angelegenheit und oftmals entstehen dabei gefällige, schmeichelnde und nette Texte, die insbesondere das Schöne, Gute und Gelungene der zurückliegenden Jahre herausstellen.
Es tut mir Leid, wenn ich Ihnen damit heute nicht entgegenkommen kann. Nicht weil es zu wenig Erfolgreiches aus vierzig Jahren Campo Limpo zu berichten gäbe, sondern weil mir biblisch gesprochen „Das Herz schwer ist.“ und ich deshalb diese Veranstaltung heute nutzen möchte, mir zwei Themen etwas von der Seele zu reden.

Allerdings glaube ich, dass diese Begebenheiten auch Sie umtreiben und für Ihre Arbeit bei Campo Limpo immer bestimmend waren und weiter sind, denn es sind programmatische Themenkomplexe des Nord-Süd-Dialogs, Fragestellungen der Weltgemeinschaft.
Lassen Sie mich in diesem Essay auf die Flüchtlingsbewegungen insbesondere in Europa eingehen und den Zusammenhang zu den weltweit durchzusetzenden Entwicklungszielen der United Nations andeuten.

Die Situation der Flüchtlinge weltweit und in den europäischen Nachbarländern ist dramatisch, katastrophal. Eine tiefe Fassungslosigkeit bleibt angesichts der Ursächlichkeiten für die Fluchtströme, die durch politische Repression, wirtschaftliche Ausbeutung oder zerstörende Bürgerkriege ausgelöst und verstärkt werden. „Jetzt haben diese Menschen sowieso kaum etwas zum Leben, und dann bringen Sie sich noch gegenseitig um, zerbomben ihre maroden Häuser und stigmatisieren die religiöse Letzthoffnung des jeweiligen Anderen.“
Erstaunlicherweise folgt auf derartiges Unverständnis wenig Verständnis für die einzig richtige, biologisch-instinktive Reaktion der Betroffenen: Wenn die Existenzgrundlagen für ein Leben derart vernichtet sind, muss sich der ganze Lebenswille auf die Flucht aus dieser Hölle richten.
Den allergrößten Teil dieses Überlebenskampfes bekommen wir in Europa nicht zu Gesicht. Die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer jedoch sehen wir und spätestens damit haben diese fremden Menschen mit uns zu tun. Sie flüchten zu uns, sie fahren zu uns und sie gehen uns – auch im wörtlichen Sinne – an.
Die Reaktionen auf derartige Anfahrten von mixed refugee flows sind in summa summarum kleinlich, egoistisch und menschenverachtend.
„Offensichtlich ist, dass sich … die strategische Komponente der Abwehr als vorrangige Praxis behauptet.“ (Andreas Zielcke, sz 23. April 105) Die No-arrival-Politik schickt die klare Botschaft aus: „Bleibt, wo ihr seid!“ Diese Diktion soll mittels intensiverer Information über die kriminellen Schlepper und die Gefahren der Flucht, durch den Bau hoher Zäune in Enklaven und neuer Lager in Libyen umgesetzt werden. „Bei uns habt ihr es auch nicht besser!“, als könnte man es irgendwo anders noch schlechter haben. „Unser Boot ist voll!“ ist von Zynismus kaum zu überbieten, angesichts der Passivität gegenüber in Seenot geratenen Menschen, eine Passivität, die durch die Veränderung der EU-Intervention Mare Nostrum hin zu Triton völkerrechtlich anklagbar ist.
Sollten es doch einige bis zu den warmen Wohnzimmertüren geschafft haben, erwartet sie ein Reflex, der mit Push-Back zu umschreiben ist und in markigen Sprüchen sich ausdrückt: „Wer betrügt, der fliegt!“, „Winterurlauber in unseren Turnhallen“, „Schnellstmögliche Abschiebung und Zurückführung!“ Achtlos wird mit dem humanitären Kern des Asylrechtes verfahren: Jeder Mensch hat ein Recht, auf die Überprüfung und gegebenenfalls Anerkennung der persönlichen (nicht kollektiven) Verfolgung. So viel Zeit, so viel Recht muss sein. Entschuldigen Sie, dass ich an diesem Festakt darauf hinweise, dass viele gerade in Bayern diese Art der Rhetorik mitwählen. Die oben beschriebenen Reflexe verschieben den Aufmerksamkeitsfokus auf Ausnahmen von der Regel, auf Ausreißer nicht auf Flüchtende. Und sie bereiten den Boden für die nächste Eskalationsstufe der Fremdenfeindlichkeit, da sie als Argumentationshilfe für Rassismus instrumentalisiert werden können: „Man wird ja noch die Wahrheit sagen dürfen, dass die meisten dieser Leute faul sind und auf unseren Wohlstand aus sind.“
Die Festung Europa erlaubt sich schließlich noch ein besonders kleinliches Gezerre um Quoten. Verschiebebahnhöfe werden eingerichtet, Geschachere um Ausgleichszahlungen beginnen, Mitleidserwartungen für die eigene prekäre wirtschaftliche Situation werden ausgeschickt.
Ich erkenne in diesen Strategien ein fundamentales Leugnen der Verantwortung für die Ursachen der Fluchtbewegungen, für die Lebensgefahr auf den Fluchtwegen und für den Schutz der Flüchtlinge in der Fremde. Ich übersehe dabei nicht, dass sich diese Verantwortung differenziert einstellt: je näher, desto mehr, in Sinne der ethischen Sorge um den Nächsten. Dennoch entlastet dies nicht von der grundsätzlichen Verantwortlichkeit für die globalen Lebensbedingungen. Dass Campo Limpo dies durch die Konzentration auf einen regionalen Ausschnitt in Brasilien übernimmt, ist vorbildhaft und gut.

Damit bin ich bei meinem zweiten Thema.
Das Übernehmen von Verantwortung für die Welt vor Ort ist in meinem persönlichen Wertekonzept fest verankert. Ich beschäftige mich seit meiner Jugendzeit mit Entwicklungspolitik, sei es mit der Apartheit in Südafrika, den Organen der Vereinten Nationen, dem Club-of-Rome-Engagements Willy Brandts, einer Diplomarbeit über Sextourismus in Kenia bis hin zu Mitgliedschaften bei Amnesty, auch bei der SPD.
Fast vierzig Jahre bewusste Beobachtung der Entwicklungspolitik summieren sich auf. Wie ist der aktuelle Stand?
Bei einer Weltbevölkerung von gegenwärtig rund 7,25 Mrd. Menschen sind nach offiziellen Angaben 805 Millionen Menschen unterernährt, haben mehr als eine Milliarde keine geeignete Unterkunft, etwas 748 Millionen kein sauberes Trinkwasser, rund 1,8 Milliarden keine ausreichenden sanitären Einrichtungen. Mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung hat keinen verlässlichen Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten und 781 Millionen Menschen über 14 Jahre sind Analphabeten, 168 Millionen Kinder zwischen fünf und 17 Jahren leisten Lohnarbeit, oft unter sklavenähnlichen und gefährlichen Bedingungen. Mindestens ein Drittel aller menschlichen Todesfälle, 18 Millionen pro Jahr, geht auf armutsbedingte Ursachen zurück. Das summiert sich auf etwa 450 Millionen vorzeitige Todesfälle seit Ende des Kalten Krieges. (Thomas Pogge, APuZ 7-9/2015 S. 48)
Was ist also in diesen 40 Jahren passiert? Zu wenig, das System ist noch perfider geworden, es ist alles falsch gemacht worden.
Nein, auch diese Antworten sind ein Reflex, oft genug ausgesandt durch die Engagierten und die Besserwissenden, deren Kritik und Forderungen sich einseitig auf Negativreports berufen.
Vierzig Jahre zeigen und beweisen nämlich, dass die Probleme der Weltentwicklung abarbeitbar sind. Ein entscheidender Beitrag zur Lösung waren und werden Entwicklungsziele sein. Die Einigung der UN auf Milleniumsziele und deren schrittweise Verwirklichung haben die Welt gerechter und wohlwollender, also insgesamt menschlicher gemacht. Es gibt mehr satte, es gibt mehr gesunde und es gibt mehr gebildete Menschen.
Die Arbeit an neuen Sustainable Development Goals umfasst nicht nur den Kampf gegen Armut, Hunger, Krankheit und Unbildung sondern auch die Sorge um nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster, den Schutz von Ökosystemen und die Wiederbelebung von globalen Partnerschaften für eine nachhaltige Entwicklung. Ein richtiger Ansatz.
Es werden Ziele formuliert, die auch die fundamentale Ursache der globalen Ungerechtigkeit anfragen: Mit welchem moralischen Recht erlauben sich 20 Prozent Reiche den anderen 80 Prozent in Armut lebenden Menschen Entwicklung und Lebensgrundlagen vor zu enthalten, zu nehmen oder zu zerstören, indem sie ihre eigenen Märkte durch Protektionismus abschotten, indem sie geistiges Eigentum wie Medikamente oder Software monopolisieren, indem sie Umweltschäden ignorieren bzw. exportieren und indem sie bestehende Machtverhältnisse finanzieren. Dieses geltende Weltmacht-System muss immer weiter und intensiver in Rechtfertigungsdefensive geraten.
Doch, das geschieht durch Politiker. Das geschieht aber vor allem durch viele, viele Menschen so wie Sie es sind. Ihre Ziele formulieren diesen Anspruch an eine gerechtere Weltordnung:
Wir wollen Frieden und Versöhnung mit den Entrechteten und Marginalisierten.
Wir wollen eine solidarische Ökonomie auf Basis der sozialen Marktwirtschaft.
Wir wollen Solidarität unter den Völkern und das Ende von Gewalt, Unrecht und Krieg.
Für diese Ziele steht symbolisch das Denkmal des Nord-Süd-Blickes als alltägliches Erinnerungszeichen dafür, dass wir Verantwortung über die Nächsten hinaus anzunehmen haben.
Sehr geehrte Mitglieder des Vereines Campo Limpo:
Ich danke Ihnen für Ihr Engagement und Ihre Arbeit.
Ich möchte Ihnen meinen Respekt für die Konsequenz und ausdauernde Verfolgung Ihrer Ziele entgegenbringen.
Ich kann Ihnen meine persönliche und die Unterstützung der Stadt Puchheim zusagen.
Machen Sie bitte weiter! Die Menschen der Welt brauchen Sie.

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Festvortrag durch Herrn Dr. Jürgen Bergmann, Vorstand „eine welt netzwerk bayern“

Solidarisch leben lernen

Liebe Aktive und Freunde des Vereins Campo Limpo, liebe Honoratioren und Festgäste, sehr geehrte Damen und Herren!Solidarisch leben lernen

Ich grüße Sie alle sehr herzlich! Ich grüße Sie, die sich nicht damit abfinden wollen, dass Ungerechtigkeit für die Vielen dieser Welt herrscht und unser schöner Planet Erde nicht „enkeltauglich“ bewirtschaftet wird. Ich grüße Sie mit großem Respekt, die Sie teilweise schon seit über 40 Jahren (es gab ja eine 5-jährige Aktionsphase vor der Gründung des Vereins) in treuer Weise Ihren Blick über den eigenen Kirchturm hinaus nach Brasilien richten und sich in vielfältiger Weise engagieren. Es ehrt mich, dass ich hier sprechen darf. Ich tue dies als Leiter des Referats Entwicklung und Politik von Mission EineWelt, dem Centrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der Evang. Luth. Kirche in Bayern und als Vorstand des EineWelt Netzwerks Bayern. Beide Einrichtungen sind schon einige Jahre mit dem Verein Campo Limpo gemeinsam unterwegs auf dem Weg zu mehr globaler Gerechtigkeit. Und beide, die Evang. Luth. Kirche und der entwicklungspolitische Dachverband, gratulieren Ihnen ganz herzlich zu Ihrem beachtlichen Jubiläum.

40 Jahre gibt es jetzt den Verein „Campo Limpo“. Die Arbeit hat Spuren hinterlassen. Aber ich bin nicht hier, um eine Laudatio auf all das Erreichte zu halten. Ich soll also nicht all die Spuren der solidarischen Hilfe in Brasilien aufzählen, wo es gelungen ist in liebevoller Kleinarbeit eben nicht klotzige Großprojekte hochzuziehen, sondern mit besonders vernachlässigten Menschen zusammen kleine Schritte der Hoffnung zu tun.
Die Arbeit von Campo Limpo hat Spuren hinterlassen, hier in Puchheim und in ganz Bayern. Auch hier würde die Zeit nicht reichen, um all das Erreichte zu benennen. Wenn ich nur an das Denk- und Mahnmal hier am S-Bahnhof Süd denke: Nur ein Wir; nur eine Erde, heißt es dort. Oder wie Campo Limpo das EineWelt Netzwerk Bayern seit seiner Gründung in seiner politischen Arbeit in Bayern vielfältig unterstützt.
Worauf ich wirklich eingehen will sind die Spuren, die die Arbeit mit Campo Limpo in Ihnen hinterlassen haben. Diese Arbeit hat einerseits – und das ist „natürlich“ so – auch äußerlich Spuren hinterlassen, ja, ich finde, man darf die ehrenvollen Fältchen und Falten unserer langgedienten Vereinsmitglieder durchaus würdigen.
Aber eigentlich geht es mir um die Spuren, die sich in Ihnen drinnen eingegraben haben. Wer sich mit dem Leid in der Welt beschäftigt, bleibt nicht so wie sie oder er war. Und wer dabei auch noch das globale Leid in seinen Horizont einbezieht, wird verändert.
Sie haben vor 40 Jahren als „Sozialwerk Campo Limpo“ begonnen, Ausbildungs- und Sozialhilfe in Brasilien zu unterstützen. Ihnen wurde die Not in Brasilien vor Augen geführt und Sie haben getan, was sie konnten. Sie haben Spenden gesammelt und selbst gespendet. Sie haben sich von der Not nicht abgewendet, sondern sind hingeflogen, um alles besser zu verstehen. Und das hat erneut Spuren in Ihnen hinterlassen. Die sichtbarste war: Sie haben Ihren Verein umbenannt. Aus dem „Sozialwerk“ wurde „Solidarität mit Brasilien“. Solidarität betrifft uns selbst auch.
Denn:
„Der Begriff Solidarität bezeichnet vor allem als Grundprinzip des menschlichen Zusammenlebens ein Gefühl von Individuen und Gruppen, zusammenzugehören. Dies äußert sich in gegenseitiger Hilfe und dem Eintreten füreinander. Solidarität kann sich von einer familiären Kleingruppe bis zu Staaten und Staatsgemeinschaften erstrecken.“ Aus: Wikipedia)

An „gegenseitiger Hilfe und dem Eintreten füreinander“ kann man sich abarbeiten, daran kann man auch verzweifeln. Und man kann– wie Campo Limpo – daran wachsen. So hat Campo Limpo zum einen wahrgenommen, dass es Strukturen gibt, die alle wohlgemeinte Hilfe im Keim ersticken können. Deshalb z.B. das langjährige Engagement zum Thema Schuldenerlass und verantwortlicher Kreditvergabe. Deshalb ist Campo Limpo auch politisch aktiv, fordert gerechtere Strukturen in Wirtschaft, Umwelt und natürlich in der Entwicklungspolitik. Und ich sage in aller Deutlichkeit: Lassen wir die Politik nicht Vorschnell aus ihrer Pflicht! Ich finde es gelinde gesagt „sonderbar“, wenn regierende Politiker in der Öffentlichkeit Forderungen aufstellen, die sie selbst umzusetzen hätten. Oder wenn Politiker darauf verweisen, dass doch die Konsumenten die eigentlichen Weichen in unserem Wirtschaftsleben stellen müssten. Nein, wir müssen den Druck der Politik gegenüber aufrechterhalten und – das kann ich Ihnen wirklich persönlich bestätigen – gerade wir als Kirchen und NGOs werden wirklich gehört.
Richtig ist aber auch: Das Private ist politisch. Deshalb ist man bei Campo Limpo auch bereit zu Veränderungen im eigenen Leben. Sonst hätte man mir nicht diesen Vortragstitel aufgegeben, zu dem ich sprechen soll: Solidarisch leben lernen.
Denn wir können – jenseits aller wirtschaftlichen und politischen Widerstände – eine Wende einleiten zu solidarischen Formen des Zusammenlebens. Für Nico Paech, einen der prominentesten Denkern einer Post-Wachstumsökonomie, liegt hierin eine globale Überlebensstrategie: wenn auf politischem Weg nur langsam Fortschritte – wenn überhaupt – hinsichtlich einer nachhaltigen Gesellschaft erzielt werden, dann sollten wir als Zivilgesellschaft jetzt eine Vielzahl regionaler Modelle ausprobieren. Damit kann die Menschheit im Falle krisenhafter und unvorhersehbarer Ereignisse auf Alternativen zurückgreifen. Und ich betone noch einmal: hiermit handelt es sich nicht um eine Ausflucht ins Private, sondern um eine echte Überlebensstrategie letztendlich für unsere Weltgesellschaft.

Vielleicht helfen uns dabei die drei Kernbegriffe der Nachhaltigkeitsstrategie: Effizienz – Konsistenz – Suffizienz.
– Effizienz: da geht es um die ergiebigere Nutzung von Materie und Energie, um Ressourcenproduktivität also,
– Konsistenz fordert einen natürlichen Stoffwechselkreislauf und damit die Vereinbarkeit von Natur und Technik
Mit Effizienz und Konsistenz können viele von uns gut leben. Vieles bleibt wie bisher, verkürzt gesagt: mit Leuchtdioden und Holzpellets zu grünem Wachstum. Das wäre schön, das muss man auch machen, aber es reicht nicht aus und oft werden die Emissionseinsparungen durch den rebound-effect wieder zunichte gemacht. Neben Effizienz und Konsistenz ist die
– Suffizienz vielleicht der unbequemste aber vielleicht auch spannendste Begriff: da geht es um die Verringerung des Konsums bzw. um einen geringeren Ressourcenverbrauch. Die Suffizienz meint eine Veränderung von Werten und Bedürfnissen in der Gesellschaft.
Wörtlich heißt Suffizienz ja „Genügsamkeit“. Es geht also auch um ein „sich bescheiden“, es geht um „weniger“: weniger Reisen, weniger Fleisch, weniger Besitzen. Also: weniger Spaß. – wirklich? Ich habe drei Ansatzpunkte ausgewählt, wo Suffizienz uns zu einem Mehr führen kann: z.B. zu einem Mehr an Gemeinschaft und Wohlbefinden, vielleicht sogar zu einem Mehr an echtem Leben.

Wahrscheinlich können Sie alle dazu mehr erzählen als ich und ich bin sicher, dass Sie hier in Puchheim bereits viele Wege gefunden haben, sich über gute Ansätze auszutauschen und diese umzusetzen. Machen Sie weiter und reden Sie darüber!
Ich will Ihnen aber einfach erzählen, was mir in den letzten Wochen in meinem Umfeld so begegnet ist:

1. Vielleicht haben Sie den Begriff sharing economy oder shareconomy schon einmal gehört, inzwischen ein echter Trend, der bereits wirtschaftlich ausgebeutet wird. Die Idee ist: nicht besitzen, sondern teilen und gemeinsam nutzen. Wir haben in unserer Kirchengemeinde eine regionalisierte Internetplattform eingerichtet, über die Bücher, DVDs oder Gartengeräte verliehen werden können. Oder wo Absprachen getroffen werden über gemeinsame Beschaffung von Biofleisch direkt vom Hof. Oder wir haben vorletzte Woche ganz ohne Internet eine „Stoffwechselparty“ gefeiert: Stoffe jeder Art wechselten ihre Besitzer: Lieblingsklamotten, Lesestoff, und Nährstoffe aller Art – auch flüssige. Dabei lernen wir neue Leute aus der Nachbarschaft kennen, wir erleben Gemeinschaft. Wer hierzu weitere Anregungen sucht, wird beim Transition Town Movement sicher fündig: Ob es die Idee der Stadtgärten sind oder Repair Kaffees. Was in anderen Kulturen (noch) selbstverständlich ist, lernen wir neu: Wir erleben das „Wir anstelle des Ich“. Oder wie das in Puchheim heißt: Nur ein wir. Nur eine Erde. Mein erster Punkt also: shareconomy.

Apropos lernen von anderen Kulturen: Das erlaubt mir noch eine Seitenbemerkung zum Thema Flucht und Asyl. Deutschland wird mehr und mehr zu einer bewohnbaren Rettungsinsel in einer Welt von wachsender Gewalt und klimatischer Unsicherheit. Dafür können wir nichts, ganz im Gegenteil. Uns verpflichtet das aber zum Teilen. Schön ist es, dass an vielen Stellen in unseren Kirchengemeinden dieses Teilen bereits als vielfältige Bereicherung erfahren wird. Bei aller Belastung, natürlich.

2. Den nächsten Punkt hat die Werbung längst für sich entdeckt: Emotionen, Gefühle; in der Tat: sie sind es, die unser Leben reich machen. Das benutzt die Werbung: Produkte suggerieren Status, versprechen Gefühle.
Was ist es, was unsere Gefühlswelt wirklich bereichert? Naturerlebnisse, Begegnungen, kulinarische Genüsse (warum geben wir als Deutsche eigentlich vergleichsweise so wenig für gute Lebensmittel aus?). Tiefere Gefühle erleben wir in unseren Beziehungen, z.B. in der Ehe. Meine Frau und ich haben kürzlich an einem „Ehekurs“ teilgenommen. Unfug, nach 26 Jahren Ehe und 3 Kindern dachte ich anfangs. Inzwischen sehe ich es anders: das war gut investierte Zeit. Das gleiche gilt für Beziehungen. Man kann Gefühle nicht kaufen, aber man kann ihnen Raum und Zeit geben.
Noch eine Anregung zum Thema Gefühle: Wir Deutschen haben es nicht so mit der Körperlichkeit. Neulich hörte ich zum ersten Mal den Begriff „Alltagserotik“. Was kann damit gemeint sein? Am Krankenbett halten und streicheln wir die Hand der Patienten, im Segnungsgebet salbt uns jemand oder legt uns die Hände auf. Alltagserotik kann auch die christlich-geschwisterliche Umarmung sein, oder der urchristliche Kuss. Ich weiß, viele Menschen finden körperliche Nähe peinlich oder gar bedrohlich. Aber ich weiß auch, dass sich viele unserer Mitmenschen nach körperlicher Nähe sehnen. So lassen wir uns – nach anfänglicher Überraschung – inzwischen gerne von unserem brasilianischen Gast umarmen, weil ein abrazo in anderen Kulturen eben üblich ist.
Also, hier lohnt das Nachdenken: lassen wir Gefühle zu, geben wir ihnen Raum.

3. Einen letzten Punkt will ich aufgreifen: Spiritualität. Wir überlegen ja immer noch, ob neue Formen des Zusammenlebens nicht zu einem Mehr an echtem Leben führen können. Und hier darf sich jede und jeder fragen, wieviel Raum die spirituelle Seite in Ihrem Leben hat. Woher beziehen wir unsere Kraft, um immer wieder gegen den „mainstream“ zu schwimmen? Was können wir von den Mystikern übers Leben lernen, von den alten und denen der letzten Jahre? Und ich frage mich manchmal, warum in vielen der sog. Entwicklungsländer Spiritualität und Transzendenz zum Alltag gehören. Einen Hinweis mag die Lebenserwartung geben. Ein Mensch, der vielleicht nur 50 Lebensjahre erwarten kann und häufig den Tod in seinem Umfeld erlebt, lebt und denkt anders als wir, die wir unsere Endlichkeit erfolgreich verdrängen. Ein „Memento mori“ – ein „gedenke, dass du sterblich bist“ könnte uns manchmal die Dimensionen gerade rücken für das, was wirklich wichtig ist. Denn ist unser irdisches Leben nicht nur wenig mehr als ein Wimpernschlag in der Geschichte unseres geliebten Planeten Erde?

Es ist unsere Generation, die es in der Hand hält, diesen unseren blauen Planeten lebens- und liebenswert zu erhalten. Was für eine globale Herausforderung! Und was für eine Chance wieder zu einem Leben in Fülle zu finden wie Gott es uns durch Jesus Christus zugesprochen hat. Vielleicht bringt uns die globale Herausforderung näher zu einer weltweiten Geschwisterlichkeit und zu neuen bereichernden wahrhaft christlichen Lebensformen? Zu einem solidarischen Leben eben. Mahatma Gandhi hat das so formuliert:
„Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Puchheim, 25.4.2015

Dr. Jürgen Bergmann
Mission EineWelt
Centrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission

               

Begrüßung der Festteilnehmer durch den Campo Limpo Vorsitzenden Herrn Klaus Lindhuber Grußworte des Pfarrers der evang. Gemeinde in Puchheim, Herrn Dr. Markus Ambrosy

Begrüßung der Festteilnehmer durch den Campo Limpo Vorsitzenden Herrn Horst Kühnle

                       

Grußworte der kath. Kirchengemeinde Puchheim durch Herrn Diakon Ulrich von Wurmb-Seibel Grußworte durch Frau Heerde-Hinojosa für Misereor

Smalltalk bei Canapés und Getränken

Bilder: Edgar Fahmüller