P 78 Kinder-/Jugendwohnheim „Lar Pérolas de Cristo“, Paripe, Salvador (BA)

Geschichte:
Dieses Projekt verdankt sich einer Ferienreise des brasilianisch-deutschen Ehepaares Márcia Ferreira da Silva und Rudolf Scholz. Den Kindern sollte das Land ihrer einen Großeltern nähergebracht werden. Bei der Planung äußerte eine Tochter, doch auch ein typisches Kinder- oder Jugendheim mit ihrer Nähe zu den Straßenkindern kennenzulernen. Eher zufällig ergab sich die Möglichkeit, das etwa 20 km nördlich von Salvador „Lar Pérolas de Cristo“ zu besuchen. Der Tag war vorbereitet und wurde sehr ergiebig. Die organisatorische Leiterin des Heimes und deren Mutter als Vorsitzende des Trägervereines gewährten Einblick in das Tagesgeschehen und die Hintergründe des Lar, in die Nöte der Bewohner und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Das Heim wurde 1993 von der jetzigen Vorsitzenden gegründet. Sie hatte selbst sexuellen Missbrauch erfahren müssen und dann beschlossen, ihr eigenes Leben in den Dienst für existenziell bedrohte Kinder und Jugendliche zu stellen.

In den Gesprächen wuchs gegenseitiges Interesse und Empathie, bei den Besuchern auch der Wunsch nachhaltig helfen zu wollen. Nach der Heimkehr kam es zu stetem Kontakt und später zur Frage der bestmöglichen Organisation und Gestaltung der Hilfe. Ein gemeinsamer Bekannter gab den Hinweis auf Campo Limpo und es folgte die Einsicht, dass sich der Kreis der neuen Helfer und der Verein in gemeinsamen Anstrengungen gut ergänzen können. Projekt P 78 war geboren und strebt nach Bewährung.

Aktivitäten heute:
Das Lar bietet Lebensraum für 80 Kinder und Jugendliche. Es besteht aus Häuschen und kleineren Wohneinheiten – mit je eigener Küche und Herd – in denen möglichst selbständige Gruppen von etwa acht Mitgliedern leben und von erfahreneren Jugendlichen geführt werden. Daneben bestehen zentrale Einrichtungen, beispielsweise eine Aula für kulturelle Veranstaltungen – Theater, Musik, Kurse -, zu eigenen Festen und zu Begegnungen mit der Bevölkerung des Umkreises. Kontakte nach außen gelten als wichtig, um die Inklusion in der Gesellschaft zu fördern. So besuchen die Einwohner des Lar öffentliche Schulen. Sie bleiben längstens bis zum Erreichen der Selbständigkeit oder des Erwachsenenalters.

Bewohner des Heimes sind junge Leute, die von ihren Familien verstoßen wurden oder für die ein dortiger Verbleib nicht mehr zumutbar ist. Entwurzelung, Verwahrlosung, Drogen, sexueller oder anderer Missbrauch bilden hier den Hintergrund. In die Situationen sind oft Sozialgerichte und Vormundschaftsräte einbezogen.

Dementsprechend groß ist der Betreuungsaufwand. Zum Team gehören ein technischer Koordinator, drei Psychologen, ein Pädagoge und drei Sozialarbeiter – beiderlei Geschlechtes. Es besteht der Anspruch, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse einfließen zu lassen und den professionellen Umgang mit den Jugendlichen zu sichern. Die Arbeit wird mit den Behörden abgestimmt.

Im Vordergrund steht jeweils auch das Bemühen, den Kontakt der Jugendlichen mit ihrer Familie nicht abreißen zu lassen und eine Rückkehr zu ermöglichen. Die Erziehung zum selbständigen und verantwortlich handelnden Staatsbürger ist stetes Ziel.

Sozialpolitische Aufgabe:
Bei seiner Arbeit steht das Lar und sein Trägerverein „Associação Clube de Mães do Lar Pérolas de Cristo“ inmitten eines durch den raschen gesellschaftlichen Umbruch in Brasilien geprägten sozialen Spannungsfeldes. Das Bewusstsein um die Ursachen und Zusammenhänge der Heimaufenthalte ist in der regionalen Politik aber auch der örtlichen Gemeinde zu fördern, gleichzeitig sind die Anstrengungen zur Vermeidung der Notfälle und zu deren bestmöglichen Behandlung in Partnerschaften zu bündeln. Es geht darum, das gesellschaftliche „System“ zu verbessern und die hohe Rate an gefährdeten Kindern und Jugendlichen zu minimieren.

Das Lar nimmt diese Aufgabe bewusst wahr und ist als gemeinnützig tätige Organisation anerkannt. Das einst reisende Ehepaar ist heute Projektbetreuer bei Campo Limpo.

Projektbetreuerin: Márcia Ferreira da Silva, 74074 Heilbronn